Uechi-Ryu-Karate

Einführung

Wissenswertes und Hintergründe

Diese Seite soll allen Anfängern, Fortgeschrittenen, aber auch allen anderen Interessierten die Hintergründe von traditionellem Karate vermitteln.

Einleitung

Hast Du eine Einführung bekommen? Als ich begonnen habe, Karate zu trainieren, war die Einführung die Unterlage, die man zur ersten bestandenen Gürtelprüfung bekam. Diese Seite hat ähnlich jener Einführung das Ziel, dir den Sinn einiger Dinge näherzubringen, die für viele, die traditionelles Karate trainieren sehr wichtig geworden sind. Ganz gleich, ob du also gerade begonnen hast, Karate zu trainieren, oder ob du dich nur informieren möchtest, der Blick in eine Welt, die für uns gleichermaßen fremd wie faszinierend ist, lohnt sich immer.

Was ist überhaupt Karate? Der Ausdruck 'Karate' - leere Hände oder mit leeren Händen, bezeichnet die waffenlose Kunst der Selbstverteidigung. Dabei werden Hände, Füße und andere Körperteile als Waffe eingesetzt. Der Ausspruch 'Karate ni sente nashi' - Es gibt keinen ersten Angriff in Karate - von Gichin Funakoshi beleuchtet den wesentlichen Charakter von Karate. Das Ziel des Lernens liegt nicht darin, jeden zu vernichten, der dich stört, oder angreift. Karate ist vielmehr defensiv ausgerichtet und strebt danach, die Schüler ein ruhigeres Gemüt und einen stärkeren Charakter zu lehren. Das Ziel von Karate liegt darin, Harmonie zwischen Körper, Geist und Technik zu erreichen.
Das Karateverständnis unserer modernen Welt unterscheidet sich stark von der ehrbaren Position, die Kampfkünste früher in der asiatischen Gesellschaft gehabt haben. Während der Unterricht von Karate in der Regel im Geheimen stattfand, waren die Leute, die Karate ausübten in einzelnen Dörfern angesehene und geachtete Personen, die ihre Karatefähigkeiten und Weisheit dazu benutzten, ihren Mitbürgern zu helfen.
Das Karatetraining beginnt und endet mit einer Verbeugung. Damit drückt man seinen Respekt aus. Ohne diesen Respekt würde die tödliche Kunst des Karate Schäden in der Gesellschaft anrichten. Da es in Okinawas Geschichte den Leuten nicht erlaubt war, Waffen zu tragen, konnte sich hier eine weltweit einzigartige Haltung zu Frieden und Harmonie entwickeln.

Traditionelles Okinawa Karate hat sich entwickelt, nicht mit dem Ziel gegeneinander anzutreten, oder Holz oder Ziegelsteine zu zertrümmern, sondern als Quelle persönlichen und inneren Wachstums, die zu einem besseren Verständnis der eigenen Person und der Leute um dich herum führt.

Kurze Uechi-Ryu-Geschichte

Kanbun Uechi , der Begründer unseres Karatestils wurde am 5. Mai 1877 im Dorf Takinto auf Okinawa geboren. Karate (te), Kobudo und die Künste der Samurai waren kultureller Bestandteil des ländlichen Lebens auf der Motobu-Halbinsel, wo Kanbun aufwuchs. Stärker organisierte Kampfkünste wurden in den Städten Naha, Shuri und Tomari unterrichtet. Diese Systeme waren stärker durch die chinesischen Kampfkünste (tote) beeinflußt.

Kanbun Uechi lernte daher auf Motobu zunächst nur bojutsu (Stockkampf). Er unterrichtete aber öfter die jüngeren Leute seines Dorfes und führte auch Vorführungen an, wie sie zu Festen und Feiertagen dargeboten wurden.

Ein alter Meister der Kampfkünste aus Tobaru mit dem Namen Toyama erweckte in Kanbun das Verlangen, das Training der Kampfkünste in China fortzusetzen. Er selbst war mehrfach in China gewesen, um dort Kampfkünste und bojutsu zu lernen.

Das Verlangen, in China Kampfkünste zu studieren wuchs täglich, obwohl es Einwände seiner Eltern gab, da er weder die fremde Sprache sprach, noch mit den Sitten dort vertraut war. Außerdem war China durch soziale Unruhen zerrüttet.

Die allgemeine Wehrpflicht wurde in Japan 1873 und auf Okinawa 1898 eingeführt. Da die Einberufung unfair undf sozial ungerecht gehandhabt wurde und viele Bewohner Okinawas befürchteten, dass die Wehrpflicht Okinawa den Krieg mit Japans Feinden bringen würde (was sich im 2. Weltkrieg bestätigte). Kanbuns Eltern hatten ihn im Geiste der Samurai erzogen. Sei waren starke Pazifisten und Gegner der japanischen Einberufung. Unter dem Druck, dass auch sie bestraft würden und in der Furcht um Kanbuns Leben stimmten sie schließlich seinem Entschluß nach China zu fliehen zu. So kam Kanbun schließlich im März 1897 im Alter von knapp 20 Jahren in China an. Dort lernte er zunächst Kampfkünste in der Kugusku-Schule, die von Kojo, einem Emigrant aus Okinawa geleitet wurde. Doch Kanbun blieb nicht lange in dieser Schule. Während er dann durch China reiste und Kräuter verkaufte, hielt er nach einer anderen Schule Ausschau. Dabei kam er in der Provinz Fukien auch zu einer Schule eines Mannes namens Chou-Tzu-Ho oder japanisch Shushiwa, wo er sich mehrfach bewarb, doch er wurde immer wieder abgewiesen. Als Shushiwa an einer Krankheit litt, habe Kanbun ihm helfen können und sei so doch schließlich in die Schule des nur drei Jahre älteren Meisters aufgenommen worden. Diese Version der Aufnahme Kanbuns in die Schule Shushiuwas erzählt Seiko Toyoma und auch wenn überliefert ist, dass Shushiwa erfahren im Umgang mit Kräutern gewesen sei, gibt es keine andere Erklärung.

Uechi Kanbun lernte bei Shushiwa einen Stil, der als Pangainoon bezeichnet wird. Dieser Stil setzt sich aus den Bewegungen von drei Lebewesen, Drache, Tiger und Kranich zusammen. Pangainoon bedeutet soviel wie halb hart - halb weich. Kanbun lernte drei Jahre lang Sanchin, während er auf dem Tempel Areal arbeitete und so einen kräftigen und abgehärteten Körper bekam.

Nach zehn Jahren intensiven Studiums bekam Kanbun schließlich die Erlaubnis, selbst eine Schule zu eröffnen. Nach zunächst großen Schwierigkeiten eröffnete er in der Provinz Nansoue eine eigene Schule, obwohl ein befreundeter Teehändler namens Gokenki, der selbst einen Kung-Fu Stil namens 'white-Crane Kung-Fu' ausübte, ihm zunächst davon abriet, Karate öffentlich zu unterrichten und zu bedenken gab, daß dies eine große Zahl von Leuten vor ihm schon versucht hätten und gescheitert seien. Die Schule war schließlich doch erfolgreich. Kanbun war damit der einzige aus Okinawa, dem es gelang, in China zu unterrichten und auch Gokenki zählte später zu den Schülern Kanbuns.

Als einer der Schüler Kanbuns in einen Streit verwickelt wurde und seinen Gegner bei seiner Verteidigung tötete, machten die Bewohner des Dorfes Kanbun für diesen Tod verantwortlich. Unter dem Druck der Gesellschaft verließ Kanbun schließlich das Dorf und kehrte nach Okinawa zurück, mit der festen Absicht, nie wieder Karate zu lehren.

Nachdem Kanbun 1910 nach Okinawa zurückgekehrt war, heiratete er und wandte sich der Landwirtschaft zu. Die folgenden Jahre im Leben Uechi Kanbuns verliefen relativ unspektakulär. Trotzdem verbreiteten sich Gerüchte, daß Kanbun ein großer Karatemeister sei.


Bis zu seinem Tod am 25.November 1948 unterrichtete Kanbun in Wakayama nur eine kleine Zahl von Schülern, darunter auch seinen Sohn Kanei Uechi und Seiyu Shinjo

1930 begann Kanei Uechi unter der Leitung seines Vaters in Japan Pangainoon zu unterrichten. Nach 10 Jahren Training eröffnete er eine eigene Schule in Osaka, die er zwei Jahre leitete, bevor er nach Okinawa zurückkehrte. Dort heiratete er und wandte sich kurzzeitig der Landwirtschaft zu, bevor er von Ryuko Tomoyose, dem ersten Schüler Kanbun Uechis davon überzeugt wurde, wieder Karate zu unterrichten.

Kiyohide Shinjo  Deutsches Uechi-Ryu Karate wurde von einem amerikanischen Soldaten namens Eric Bishop ins Leben gerufen. Er war der erste Lehrer von unserem Sensei Andreas Haberzettl. Nachdem Eric Bishop 1989 nach Amerika zurückkehrte, führte unser Sensei das Training für einen Zeitraum alleine fort. Seit 1995 hat Andreas Haberzettl Kontakt zu ShihanAlan Dollar. Sensei Dollar ist Schüler von Kiyohide Shinyo.

Kenyukai


Kenyukai bezeichnet den Verband, dem wir angehören. Das Wort setzt sich aus drei Teilen zusammen: Ken bedeutet Faust, 'yu' ist Namensbestandteil des Namens Seiyu und kai bedeutet Gruppe. Der Name Kenyukai bedeutet also soviel wie "Seiyu Shinjo's starke Faust Gruppe".

Der Zweck von . . .

Am Anfang mag vieles, was man in Uechi-Ryu-Karate lernt fremd erscheinen und man sieht in vielen Dingen keinen Sinn. Wieso verbeuge ich mich vor dem Training? Dieser Abschnitt beschäftigt sich mit vielen dieser Fragen. Es gibt aber auch Dinge, die man einfach akzeptieren muß, ohne Erklärungen und ohne es in Frage zu stellen. Diese Dinge zu erklären würde ihren Wert vermindern und es könnte den Schüler tatsächlich vom Lernen abhalten. In einigen Dingen muß man einfach Erfahrungen machen, um sie richtig zu schätzen und zu verstehen. Um mehr über diese Dinge zu erfahren, bitte hier klicken.

Kata

Zum Abschnitt über Kata bitte hier klicken!

Trainingsprinzipien

Trainingsprinzipien
von Uechi Kanei

  1. Das Ziel des Karatetrainings ist es, Körper und Geist zu erziehen und die Kunst der Selbstverteidigung zu meistern.
  2. Wer Karate lernt, sollte gute Manieren haben, bescheiden sein, Ehrlichkeit schätzen, sich anständig kleiden, auf das was er sagt und tut acht geben und sich im Training Tag und Nacht anstrengen.
  3. Ein Karateschüler darf sich in einem Wortgefecht nie auf seine Stärke berufen.
  4. Ein Karateschüler darf niemals sich selbst oder seine Schule in Verruf bringen. Weder durch das, was er sagt, noch durch das, was er tut.
  5. Ein Karateschüler darf nie arrogant reden, in Faulheit verfallen, oder eingebildet sein. Er sollte danach streben, im Training fleissig zu arbeiten und sich zu verbessern.
  6. Ein Karateschüler sollte Anstand und die Kampfkünste respektieren, die feinen Traditionen von Karate erhalten und der Gesellschaft dienen.

Verhaltenscodex im Karate
von Sensei Alan Dollar

  1. Ich werde immer den Leuten um mich herum helfen.
  2. Ich werde allen Leuten gegenüber Respekt zeigen, daher kann ich auch erwarten, dass ich respektiert werde
  3. Ich werde mich überall 100% anstrengen, damit ich die besten Ergebnisse erzielen kann.
  4. Ich werde Karate nur zur Selbstverteidigung nutzen, und als einen Weg zu besserer körperlicher und geistiger Fitness.

Dojo Etikette


  1. Schüler sollten etwa 10 bis 15 Minuten vor Trainingsbeginn dasein, um sich aufzuwärmen und zu dehnen.
  2. Verbeuge dich, wenn du den Trainingsraum betrittst oder verläßt.
  3. Im Dojo keine Schuhe tragen.
  4. Von den Schülern wird erwartet, dass sie regelmässig zum Training kommen.
  5. Im Training keinen Schmuck, Ringe, Ohrringe etc. tragen.
  6. Essen, Getränke, Kaugummis und Rauchen sind im Dojo nicht erlaubt.
  7. Keine Unanständigkeiten, Fluche oder lauten Gespräche im Dojo.
  8. Im Dojo soll man sich nicht anlehnen, oder an Geländern, Türen etc. herumhängen.
  9. Es gibt drei annehmbare Haltungen, wenn man nicht aktiv am Training teilnimmt: (1) Die formale knieende Stellung - seiza (2) Sitzhaltung mit verschränkten Beinen (3) Stehend, mit dem Gewicht auf beiden Beinen, die Hände seitlich oder vor sich, kein Herumschlänkern.
  10. Sei mit Karate nie laut oder gib niemals damit an, weder im Dojo, noch im täglichen Leben.

Japanische Ausdrücke

Da der Abschnitt über Japanische Ausdrücke recht lang ist, wurde ihm eine extra Seite gewidmet. Du erreichst diese Seite, indem du hier klickst.

Gürtel

Das Gürtelsystem im Uechi-Ryu-Karate umfaßt 10 Kyu (Schüler)-Grade und hatte von seinem Entwurf her 10 Dan (Meister)-Grade. Seit dem Tod von Kanei Uechi ist der höchste Grad, den es gibt der 9. Dan. Die Kyu Grade werden von 10 her rückwärts gezählt, Jukyu (10. Kyu) ist also der niedrigste Rang und trägt den weißen Gürtel, der höchste Schülergrad ist der Ikkyu (1.Kyu), der einen braunen Gürtel mit zwei schwarzen Streifen trägt.

Mit dem ersten schwarzen Gürtel ist für viele Karateka ein großes Ziel erreicht. Einige glauben damit schon alles erreicht zu haben, was erreichbar ist und sehen nicht, dass das Lernen mit dem Shodan eigentlich erst richtig losgeht. Der Shodan wird daher erste einmal 'auf Probe' als Shodan-Ho verliehen. Dies soll den Karateschüler die Möglichkeit geben, sich auch an die Verantwortung, die er als Schwarzgurt hat, zu gewöhnen.

Sempai & Kohei

Neben dem hierarchischen Gürtelsystem gibt es im Dojo noch das Prinzip von Sempai und Kohei. Als Sempai bezeichnet man den älteren und erfahreneren Schüler, als Kohei den jüngeren oder den Anfänger. Da jeder Fortgeschrittene seinerseits auch wieder Leute hat, die weiter sind, oder von denen er lernt, ist er in gewisser Sicht auch wieder Kohei. Auch sind die Rollen zwischen Sempai und Kohei auf gesellschaftlicher Ebene vielleicht genau umgekehrt wie im Dojo. Daher kann es sehr wichtig sein, um die Rolle eines Sempai bzw. Kohei bescheid zu wissen.
Ursprünglich wurde Karate nur vom Vater zum Sohn weitergereicht. Als damit begonnen wurde auch andere Schüler, als Familienmitglieder ins Dojo aufzunehmen, mußte jeder neue Schüler in einem Dojo einen Sempai aufweisen, der bereit war, für sein Verhalten im Dojo, seine Manieren und seinen Umgang mit Karate geradezustehen. So trug und trägt der Sempai immer große Verantwortung für seinen Kohei. Im Gegenzug dafür bemüht sich der Kohei, mit all seinem Verhalten dem nachzukommen und dem Sempai mit allerlei Hilfen zur Seite steht. Vom Sempai erwartet man, dass er einen besseren Überblick über das ganze Geschehen im Dojo hat und bereit ist, den 'jüngeren Karateka' zu helfen.

Grundlage dieser und der aus Platzgründen untergeordneten Seiten ist die oben erwähnte Einführung, die ich leider ohne Quellenangabe erhalten habe sowie das Buch 'Secrets of Uechi-Ryu Karate and the Mysteries of Okinawa' von Sensei Alan Dollar. Streckenweise ist der Text von Sensei Dollar wörtlich übersetzt, teilweise aber auch freier oder sinngemäß wiedergegeben. Dabei ist das Ziel dieser Seite nicht, möglichst detailliert viele Informationen wiederzugeben, sondern vielmehr, einem Interessierten oder Anfänger einen Überblick über Hintergründe zu geben und Verhaltensweisen im Dojo verständlicher zu machen.